Für Bündnis 90/ Die Grünen stellen sich im Wahlkreis Oldenburg-Mitte/Süd Andra Möllhoff und im Wahlkreis Oldenburg-Nord/West Lena Nzume zur Wahl.
FFF: Frau Nzume, Frau Möllhoff, mit welcher ersten Forderung oder welchem ersten politischen Thema sind Sie politisch aktiv geworden?
Andra Möllhoff: Bei mir war das der Irak-Krieg 2003. Ich habe mich auch vorher schon viel mit politischen Themen auseinandergesetzt, aber dieser Krieg war für mich eine neue Dimension des Unrechts.
Lena Nzume: Meine Eltern haben schon in Kamerun verschiedene sozialpolitische Projekte durchgeführt, so bin ich mit ihrem zivilgesellschaftlichen Engagement aufgewachsen und wurde schon früh politisiert. Ich kann mich gut daran erinnern, dass meine Mutter 1990 ein großes Banner gegen den Golfkrieg an unser Haus angebracht hat und wir damals viel darüber gesprochen haben. Als Jugendliche habe ich angefangen, mich für eine gerechtere Gesellschaft einzusetzen. In der Schulzeit war deshalb auch als Schülersprecherin im Stadtschülerrat, um Entscheidungsprozesse, die Schüler*innen betreffen, mitzugestalten.
FFF: Bitte skizzieren Sie kurz Ihre bisherige berufliche und insbesondere ihren politische Laufbahn.
A.M.: Ich habe nach dem Abitur ein Jahr im Ausland verbracht und dann eine Ausbildung zur Kauffrau für Marketingkommunikation absolviert. Um den Praxisbezug nicht zu verlieren habe ich im Anschluss dual studiert und mit einem Bachelor abgeschlossen. Ich habe als Onlinemarketing-Managerin gearbeitet und dann im eCommerce als Leitung eines Onlineshop-Teams. Aktuell arbeite ich als IT-Projektmanagerin in führender Position.
Politisch engagiert bin ich seit vielen Jahren. Bereits während meiner Schulzeit an der Helene-Lange-Schule habe ich mich für verschiedenste Themen eingesetzt, sei es gegen den Irak-Krieg oder gegen die Erhebung von Studiengebühren („Goodbye Learning“). Mein großes Thema war und ist die Gerechtigkeit und dass ich mich dafür vehement einsetze, steht sogar in meinen früheren Schulzeugnissen Ein politisches Mandat hatte ich bislang allerdings nicht – es ist also Zeit, dass sich das bei der Wahl am 9. Oktober ändert!
L.N.: Nach meinem Abi in Westerstede habe ich in Konstanz Soziologie, Politikwissenschaft sowie Kunst-und Medienwissenschaften studiert. Meine berufliche Laufbahn startete ich im Stiftungswesen, wo ich für die Konzeption und Durchführung von Projekten verantwortlich war. Im Nachbarschaftsbüro Düsternort, Delmenhorst, baute ich u.a. ein Willkommenscafé für Geflüchtete auf. In den 6 Jahren Berufstätigkeit bei der Stadt Oldenburg lagen meine Schwerpunkte in der Bildungs- und Empowermentarbeit von Migrant*innen und Migrantenselbstorganisationen. Auch habe dazu beigetragen, ein schlüssiges Bildungsmanagement für die Stadt Oldenburg zu entwickeln, dass Neuzugewanderten schnelle Teilhabe ermöglicht. Zugleich habe ich eng mit der Uni Oldenburg, insbesondere dem Center for Migration, Education and Cultural Studies (CMC) zusammengearbeitet. Ich habe als Gastdozentin in verschiedenen Seminaren und Vorlesungen über die Bildungssettings in der Stadt Oldenburg referiert. Daran anknüpfend bin ich 2020 an die Carl von Ossietzky Universität gewechselt, wo ich mich mit der Analyse der migrationsgesellschaftlichen Bedingungen für Bildungseinrichtungen und Differenzkonstruktionen in Schulentwicklungsprozessen beschäftige.
Ich bin seit 2014 Mitglied bei BÜNDNIS90/DIE GRÜNEN und habe auch schon im Vorstand mitgewirkt. Im letzten Jahr habe ich für den Stadtrat kandidiert, aber den Einzug knapp verpasst. Außerdem bin beratendes Mitglied im Integrationsausschuss der Stadt Oldenburg und in verschiedenen Organisationen aktiv.
FFF: Warum stellen Sie sich am 09. Oktober zur Wahl?
A.M.: Wir werden den Klimawandel nicht mehr aufhalten können und müssen dennoch alles tun, um das Schlimmste zu verhindern. Ich möchte für die Generation meine Tochter eine lebenswerte Zukunft und dafür setze ich mich aktiv ein.
L.N.: Auch ich möchte mich für ein lebenswertes Niedersachsen und Oldenburg einsetzen. Mein Antrieb ist, dass alle Menschen (auch die kommenden Generationen) das Recht und die Möglichkeit haben, in Würde in einer gesunden Umwelt zu leben. Darüber hinaus ist es mir ein Herzensanliegen, Lebensbedingungen für alle Menschen positiv zu gestalten und zu einer gerechteren Welt beizutragen. Wir müssen den ökologischen Wandel auch sozial gestalten und im Sinne der Klimagerechtigkeitsbewegung die verschiedenen Kämpfe gegen Diskriminierung, Klimazerstörung und Ausbeutung zusammenbringen.
FFF: Für welche zusätzlichen Maßnahmen möchten Sie sich als Abgeordnete einsetzen, um den Klimaschutz in Niedersachsen voran zu bringen?
A.M.: Ich möchte das Thema Kreislaufwirtschaft voranbringen und setze mich dafür ein, dass es einen Reparaturbon gibt und vielleicht auch ein spezielles Zertifikat für besonders gut reparierbare Produkte. Zudem möchte ich Containern legalisieren und so die Lebensmittelverschwendung reduzieren. Im Bereich Verkehr würde ich gerne Emissionen mithilfe eines autofreien Sonntags sparen, der in regelmäßigen Abständen stattfindet und an dem die Kids auf der Straße Fußball spielen und Inlinern können.
L.N.: Wie gesagt, müssen wir die verschiedenen Kämpfe gegen Diskriminierung, Klimazerstörung und Ausbeutung zusammenbringen. Die Themen sind alle sehr komplex und miteinander verwoben. Außerdem müssen wir anfangen, die globalen Zusammenhänge noch stärker mitzudenken und zu berücksichtigen. Deshalb möchte ich mich für eine sozial-ökologische Gemeinwohlorientierung einsetzen. Auch das Thema nachhaltige Stadtentwicklung finde ich total wichtig. Da geht es darum, bei der Quartiersentwicklung Klimaanpassungsmaßnahmen mit klimafreundlichen und sozialen Aspekten zu verbinden. Beim Thema Klimaschutz spielt Bildung natürlich eine zentrale Rolle. Deshalb will ich mich auch dafür einsetzen das Thema Bildung für nachhaltige Entwicklung in Schulen und Lehrplänen zu verankern.
FFF: Wie stehen Sie zum Bau von LNG-Terminals in Niedersachsen?
A.M. und L.N: Wir stehen hinter der Entscheidung des Bundes ein LNG-Terminal in Wilhelmshaven in Betrieb zu nehmen, um die kurzfristige Versorgungssicherheit zu gewährleisten. Den Bau von weiteren Terminals halten wir für einen Schritt in die falsche Richtung. Fossile Infrastrukturen sollten nicht manifestiert werden – auch nicht, wenn dieselben Terminals möglicherweise zu einem späteren Zeitpunkt für den Transport von Wasserstoff genutzt werden könnten.
FFF: Was halten Sie vom diskutierten Weiterbetrieb des Atomkraftwerkes Emsland?
A.M. und L.N.: Wir Grüne sind klar dagegen. Atomkraft hat keine Zukunft, sie ist unsicher, unflexibel und die insbesondere durch hohe Kosten bei der Zwischen- und Endlagerung auch teuer!
FFF: Was halten Sie vom Fracking in Niedersachsen?
A.M. und L.N.: Nichts!!
FFF: Wie möchten Sie dafür sorgen, dass Kinder und Jugendliche mehr bei politischen Entscheidungen mitbedacht werden und auch selbst Einfluss nehmen können?
A.M. und L.N.: Einerseits setzen wir uns für die Herabsenkung des Wahlalters ein. Andererseits möchten wir dazu beitragen, Projekte zu politischer Bildung und Demokratiebildung auszubauen. Demokratie muss gelernt werden. Auch das geht gut in der Schule, wenn es entsprechende Erfahrungsräume und Strukturen gibt wie z.B. Klassenräte. In vielen Kommunen und Gemeinden gibt es Jugendparlamente, diese wollen wir stärken.
FFF: Für welche konkreten Institutionen und Projekte in Oldenburg und dem Oldenburger Raum möchten Sie sich mit Ihrer Landtagsarbeit einsetzen?
A.M.: Ich möchte dazu beitragen, dass Oldenburg es – entgegen der aktuellen Studie des Hamburg Institut doch noch schafft klimaneutral bis 2035 zu werden. Dafür unterstütze ich konkret die kommunale Wärmeplanung, eine Fachkräfteinitiative im Handwerk, mehr Fahrradstraßen und den Ausbau des ÖPNVs. Wissenschaft und Forschung tragen ebenfalls einen wichtigen Teil bei und daher möchte ich auch diesbezüglich Oldenburg als Standort stärken. Darüber hinaus gibt es viele (kleinere) Institutionen in Oldenburg, wie zum Beispiel den Ernährungsrat oder das RessourcenZentrum, die sich auf unterschliche Art und Weise für Nachhaltigkeit einsetzen. Solche Institutionen sind für uns als Gesellschaft unglaublich wertvoll und deswegen unbedingt unterstützenswert.
L.N.: Es gibt viele Organisationen, Vereine, Institutionen und Projekte in Oldenburg und Umzu, die wirklich gute Arbeit leisten. Alle aufzuzählen würde den Rahmen sprengen. Aber: Oftmals werden zivilgesellschaftliche und ehrenamtliche Aktivitäten mithilfe von Projektförderung finanziert. Dadurch gibt es immer eine begrenzte Projektlaufzeit und eine Anschubfinanzierung. Deshalb möchte ich mich dafür einsetzen, gut laufende Projekte, Vereine und Organisationen zu verstetigen, sie also strukturell besser zu fördern und zu finanzieren. Das Thema Antidiskriminierung ist für mich von zentraler Bedeutung und leider gibt es in diesem Bereich zu wenige Beschwerde- und Beratungsstellen. Ich möchte dabei mitwirken, eine Antidiskriminerungsarchitektur in Niedersachsen aufzubauen.